Wie in jedem Jahr erreichten uns auch 2012 wieder Meldungen über eine frühe Brunft der Rehe. Bereits im Mai und Anfang Juni berichteten etliche Mails von vermeintlichen Brunftbeobachtungen. Und erneut wurde von einem „immer früheren“ Brunftbeginn fabuliert. Doch sollten wir auch diesbezügliche Einzelbeobachtungen nicht zum Naturgesetz erheben.

Denn nach wie vor fällt die Hauptbrunft der Rehe in die Zeit zwischen dem 10. Juli und 10. August. Dies belegen zahlreiche Forschungsergebnisse unzweifelhaft. So zeigte sich bei entsprechenden Arbeiten mit markierten Rehen in der Nähe von Ingolstadt ein weitgehend konstantes Intervall von etwa 67 +/- 2 Tagen zwischen Setz- und Brunfttermin. Dementsprechend hätte eine Ricke, die am 15. Juni brunftet, um den 10. April herum setzen müssen! Und die Geißen, die angeblich bereits im Mai brunftig werden, hätten ihre Kitze samt und sonders bereits im März zur Welt bringen müssen. Der mittlere Setztermin in Deutschland fällt jedoch auf den 1. Juni. Und dies bekanntlich nicht ohne Grund …

Darüber hinaus zeigen andere Arbeiten, dass auch der Hormonstoffwechsel der weiblichen Rehe – wie viele andere reproduktive Abläufe bei Wildtieren – über bestimmte Zeitgeber gesteuert wird. Zur Brunft steht dabei eine Tageslänge von etwa 15,75 Stunden im Zentrum, die zwischen Hamburg und Stuttgart am 12. Juli erreicht wird.

„Ja, aber die Schmalrehe brunften doch früher …!“ lautet dann die übliche Entgegnung angesichts dieser Fakten. Nein, tun sie nicht. Denn auch diese weit verbreitete Meinung relativieren die Rehe selbst. Im Gegenteil zeigt sich die Tendenz, dass ältere Ricken eher brunften als jüngere und Schmalrehe. So wurde Brunftverhalten bei Schmalrehen z. B. in einer langjährigen Studie in Sachsen-Anhalt nicht vor dem 1. August beobachtet.

Sicher kommt es auch in diesem Kontext immer wieder zu Ausreißern, doch sind und bleiben solche Beobachtungen seltene Ausnahmen, die die Regel bestätigen. Weiterhin brunften beileibe nicht alle Rehe, die hintereinander herlaufen!