Obwohl ganz Norddeutschland erneut von einer dichten Schneedecke überzogen ist, läuten die weithin hörbaren Rufe der Kraniche den Frühling ein. Mit der Rückkehr der Großvögel beginnt auch ihre Balz. Denn bereits von Anfang März bis etwa Mitte April erfolgt die Eiablage durch das Weibchen.
Eine besondere Faszination für uns Menschen versprüht seit jeher der „Tanz der Kraniche“. Denn regelmäßig wird das Balzgeschehen durch Tänze eingeleitet. Dabei springen beide Partner unvermittelt hoch und verneigen sich spielerisch, laufen mit ausgebreiteten Schwingen umher, drehen sich im Kreis und schmettern ihren trompetenartigen Ruf in die Landschaft. Dabei ist dieses ebenso eigentümliche wie auffällige Verhalten bei weitem nicht allein zur unmittelbaren Balz- und Paarungszeit zu beobachten. Auch auf dem Zug ist es an sämtlichen Rast- und Nahrungsplätzen immer wieder zu beobachten. Der Tanz erfüllt offenbar mehrere Funktionen. Er dient dem Umwerben des Partners und der Einladung zur Paarung. Weiterhin scheint er einfach nur Ausdruck von Lebensfreude zu sein. Begleitet von lauten Rufen besteht er aus Kombinationen von hohen Sprüngen, Pirouetten, Knicksen und Verbeugungen. Kraniche tanzen, sobald sie dazu in Stimmung sind. Das kann im Schneesturm sein, im trüben Herbst oder auch bei strahlendem Frühlingswetter.
Seit jeher spielen die verschiedenen Kranicharten in den unterschiedlichsten Kulturen rund um den Erdball eine bedeutende Rolle in der Mythologie und Heraldik. Der Kranich galt und gilt als glücks- und erfolgsbringender Vogel. Kraniche trugen die Seelen der Toten in den Himmel, galten als Symbol für Weisheit und Langlebigkeit und sie trugen bei ihrer Ankunft im Frühling das „Licht ins Bett”. Jetzt waren die Tage lang genug, dass Kerzen und Talglichter weggeräumt wurden, und man sich schlafen legte, sobald es zu dunkel zum Arbeiten war.
In Deutschland galten Kraniche überdies als Symbol des Fleißes und der Wachsamkeit. Laut einer alten Sage halten Kraniche beim Ruhen im Flachwasser in der jeweils angezogenen Klaue einen Stein. Beim Einschlafen sollte der Aufprall des Steines auf dem Wasser den Vogel wecken: „Der Kranich hält den Stein, des Schlafs sich zu erwehren. Wer sich dem Schlaf ergibt, kommt nie zu Gut und Ehren.“ Auch wenn der Kranich längst nicht mehr die hohe mythologische Stellung hat wie einst, so weckt seine Ankunft doch nach wie vor starke Gefühle bei uns Menschen. Vor allem die ersten Kranichrufe im Frühling zeigen uns, dass der Frühling, dass Licht und Wärme nicht mehr weit sind.